Wenn wir an Weihnachten denken, so wird uns ins vielen Weihnachtsvideos, -Filmen oder auch Werbeclips oft ein verklärtes altbackenes aus den 50ger-Jahren stammendes Bild gezeigt: Die Mutter steht mit einer Küchenschürze bekleidet in der Küche und bereitet ein Festmahl für die ganze Familie vor. Währenddessen beschäftigen die Großeltern die Enkelkinder und lesen ihnen vor, schmücken den Baum oder besuchen die Nachbarn, um dort Geschenke und Grüße abzugeben. Der Vater holt mit seinem blank geputzten Auto seine Schwester vom Bahnhof ab.

Doch spiegelt dies die Realität wieder?

Oft wirken die Werbefilme rund um Weihnachten verklärt, so, als wolle man nur die schönsten Seiten des Lebens zeigen. Mit Realität haben sauber angezogenen Kinder, die gemeinsam mit den Großeltern musizieren oft wenig zu tun.

So freut es mich, dass auch Videos produziert werden, die realitätsnäher sind. Erzählungen, die auch Probleme und Herausforderungen ansprechen.

Weihnachtsvideos und Storytelling-Trends

Seit Oktober gibt es bereits Weihnachtsgebäck in den Supermärkten. Etwas später starten die Werbekampagnen vieler Unternehmen im November. Oft werden Werbespots oder Videos eingesetzt und als die Plattform aller Firme hat sich Youtube etabliert.
Larissa Pohl, Präsidentin des GWA und CEO von Wunderman Thompson Deutschland, und Alissa Rabe, Creative Strategist bei Google im Creative Works Team Central Europe, haben für 2021 Trends identifiziert, wie Marken in diesem Jahr auf der Plattform Youtube um Aufmerksamkeit werben.

• Trend 1: Wen wundert es, dass im zweiten Jahr der Cororna-Pandemie auf Platz 1 der Trendliste, der Wunsch nach Normalität liegt. So beschäftigen sich im Vergleich zu 2020 kaum noch Spots mit der Pandemie und deren Folgen.

„In den meisten Spots spiegelt man eine Pandemie-freie Welt wider: keine Masken, kein Abstand, keine Maßnahmen“, beobachtet Alissa Rabe. Und Larissa Pohl ergänzt: „Diese Welt ohne Corona spiegelt den tiefen Wunsch von uns allen wieder – wir wollen einfach nicht glauben, dass die Pandemie bleibt.“

Sehr eindrucksvoll wir der Wunsch nach Normalität in dem Video „Heilige Nachtschicht“ von ALDI Nord thematisiert: Lockdown, Homeschooling und Isolation haben vor allem die junge Generation getroffen. Sie fühlen sich „um ihre schöne Zeit und unbekümmerte Jugend gebracht“ und wünschen sich nur eines zurück: Normalität. Die Chance, das Leben so zu leben, wie sie es kannten, Die Sicherheit des normalen täglichen Lebens, in denen sie Pläne wie einen gemeinsamen Urlaub schmieden könnten. Ein Leben, in der Aktivitäten in der Gruppe im Lockdown kaum möglich sind und gemeinsame Aktivitäten, wie Mannschaftssportarten, Besuche von Veranstaltungen wie Kino Konzerten oder Diskotheken kaum möglich sind – das alles, ohne eine Lösung, etwas anders machen zu können, macht viele wütend.
Hier setzt das Video „Heilige Nachtschicht“ an. Es erzählt vom echten realen Leben und zeigt nicht nur „Freude, Freude, Eierkuchen“ einer „glückliche Vorzeigefamilien“. Der Film erzählt die Geschichte eines Vaters und seines heranwachsenden Sohnes. Der Vater, von Beruf Straßenbahnfahrer, versucht den Spagat vieler alleinerziehender Elternteile zwischen Beruf und Sohn hinzubekommen. Dieser Seiltanzakt führt auch zu Auseinandersetzungen, zu Differenzen zwischen Wünschen, Vorstellungen und Machbarkeit. Der Vater weiß nicht, ob er am Weihnachtsabend zu Hause ist und mit dem Sohn feiern kann. Der Film zeigt Wut und Frust greifbar nah.

Für ALDI Nord sind „gemeinsame Momente“ das Glück unserer Zeit. „In diesem Jahr denken wir besonders an all diejenigen, die in systemrelevanten Berufen, als Alleinerziehende, oder als junge Menschen jeden Tag an ihre Grenzen gehen.“ – so Aldi.

Als Ausnahme dagegen scheint zunächst der Spot „Der Wunsch“ von PENNY. Aber genauer betrachtet zeigt er den Wunsch nach Normalität für die Jugendlichen, denn die Mutter in dem Clip wünscht sich für ihren Sohn die Normalität der Zeit vor Corona zurück.

• Trend 2: Als zweiten Trend sehen die Youtube-Expertinnen, dass die Spotsdiverser und inklusiver sind. Laut Google wird auf Youtube der Ruf nach einem realistischen Abbild unserer Gesellschaft auch in der Werbung immer sichtbarer. Viele Menschen fordern beispielsweise neben gleichen Rechten für „diverse“ Menschen auch mehr Sichtbarkeit der Andersartigkeit in der Öffentlichkeit. Laut der Ipsos-Online-Umfrage Global Advisor-Studie LGBT+ Pride 2021 sehen vier von zehn Deutschen (42 Prozent) es positiv, wenn sich Marken aktiv für mehr Gleichberechtigung einsetzen. Mehr ein Drittel (34%) fordert mehr LGBTQ+-Charaktere im Fernsehen, in Filmen und in der Werbung.

Genau hier setzt der Weihnachtsspot „When Harry met Santa“ aus Norwegen an: Der Weihnachtsmann verliebt sich – und zwar in einen Mann. Anlass dieser Diversitätsstory ist, dass sich am 1. März 2022 in Norwegen zum 50. Mal die Entkriminalisierung der Homosexualität jährt.

„Als Unternehmen leben wir Vielfalt und möchten den 50. Jahrestag mit dieser schönen Liebesgeschichte feiern“, sagte Monica Solberg, Marketingdirektorin bei Posten, in einem Interview.

Auf Youtube hat das Video jetzt schon fast 1,5 Millionen Abrufe. Ein User kommentierte: „Ein emotionales und zur Liebe inspirierendes Video, das hoffentlich alle verschlossenen Herzen erreichen wird.“ Andere machten sich Sorgen, dass Santa in diesem Jahr zu beschäftigt mit Liebesangelegenheiten sein könnte und es deshalb keine Geschenke geben wird. Wieder andere sind bereit, das in Kauf zu nehmen, denn auch der Weihnachtsmann verdiene Liebe.

Wunderbare Weihnachtsstory aus Norwegen! When Harry met Santa https://youtu.be/nDLumk_rQQw

Auch Weihnachtsmänner verlieben sich

Die norwegische Post Posten zeigt Weihnachten als ein Fest der Liebe. Aber auch Weihnachtsmänner haben Gefühle und sind Liebende. In dem Film verliebt sich der Weihnachtsmann in einen Mann. Die wundervolle Story „When Harry met Santa“ setzte sich als Ziel, auf die  Entkriminalisierung der Homosexualität hinzuweisen, welche am 22. März 2022 seinen 50. Jahrestag feiert.

„Als Unternehmen leben wir Vielfalt und möchten den 50. Jahrestag mit dieser schönen Liebesgeschichte feiern“, äußert sich Marketingdirektorin Monica Solberg.